Bekämpfung der Adipositas muss zentrales gesundheitspolitisches Anliegen werden

Bekämpfung der Adipositas muss zentrales gesundheitspolitisches Anliegen werden

am 4. Februar 2025 in Aktuelles, News, Slider | 0 comments

Forderungen der Deutschen Adipositas-Gesellschaft anlässlich der anstehenden Bundestagswahl

In Deutschland sind rund zwei Drittel (67%) der Männer und die Hälfte (53%) der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2). Ein Viertel der Erwachsenen sind stark übergewichtig (adipös; BMI ≥30 kg/m2), wobei die Prävalenz von Adipositas mit dem Alter zunimmt. Weiterhin sind etwa 15% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bereits übergewichtig oder adipös. Ein Großteil der deutschen Bevölkerung ist somit von dieser chronischen Erkrankung betroffen.

Übergewicht und Adipositas sind Mitursache für viele gesundheitliche Beschwerden und Leiden. Sie begünstigen die Entwicklung chronischer Krankheiten wie z.B. Diabetes und Herzkreislauferkrankungen bereits ab einem frühen Alter. Durch diese Folgeerkrankungen entsteht für alle Betroffenen ein erheblicher Leidensdruck. Hinzu kommen enorme gesellschaftliche Implikationen durch die finanziellen Belastungen unseres Gesundheits-, Renten und Sozialsystems, die Verstärkung des Fachkräftemangels durch Arbeitsausfall und (Früh)Verrentung, als auch für die Umwelt, da Adipositas mit rund 20% erhöhten Treibhausgasemissionen assoziiert wird.

Laut Berechnungen der Universität Hamburg belaufen sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Adipositas in Deutschland, alle direkten und indirekten Kosten zusammengenommen, auf etwa 63 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei machen die direkten Kosten etwa 29 Milliarden und die indirekten Kosten etwa 34 Milliarden Euro aus. Unter den indirekten Kosten werden die Kosten verstanden, die beispielsweise durch Produktivitätsverlust durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit oder durch vorzeitige Berentung hervorgerufen werden. Durch die stetig steigende Zahl an Betroffenen steigen auch diese Kosten fortlaufend.

Menschen mit Adipositas werden mit ihrer Erkrankung häufig alleine gelassen, weil es zu wenige Therapiemöglichkeiten gibt und auch die Umweltbedingungen zu wenig angepasst werden. Übergewicht und Adipositas belasten daher jeden einzelnen Betroffenen und sein persönliches Umfeld, aber ebenso das öffentliche Gesundheitssystem und die Gesellschaft und sind somit von entsprechender Bedeutung für die anstehende Bundestagswahl und die darauffolgende Legislaturperiode.

Die DAG begrüßt es sehr, dass in den letzten Jahren einiges auf den Weg gebracht wurde, wie beispielsweise das neue Disease Management Programm (DMP) Adipositas, um die Versorgungssituation für Betroffene zu verbessern. Doch zugleich sind die Entwicklungen zu schleppend und zu begrenzt, um angemessen auf die aktuellen Herausforderungen reagieren zu können. 

Aus Sicht der DAG haben deshalb drei Forderungen zentrale Bedeutung:

1. Es muss sichergestellt werden, dass das vom GB-A verabschiedete DMP-Adipositas – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder/Jugendliche – zeitnah bei den Betroffenen im Behandlungsalltag ankommt. Hier sollte von Gesetzgeberseite eine Frist gesetzt werden (wie in der Vergangenheit für andere DMPs bereits erfolgt), in der in einem angemessenen Zeitrahmen ein Ergebnis abschließend verhandelt sein muss. Dadurch wird eine multimodale Basistherapie mit Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie flächendeckend für alle Adipositaspatient:innen gewährleistet.

2. Die Adipositas wurde bereits im Jahre 2020 in Deutschland als chronische Erkrankung anerkannt. Es müssen jetzt auch die Voraussetzungen geschaffen werden, dass sie als solche versorgt werden kann. Dies betrifft insbesondere die Änderung des Paragraphen § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V, der die Kostenerstattung von Medikamenten zur Gewichtsreduktion zum aktuellen Zeitpunkt generell ausschließt. Medikamentöse Therapien sind jedoch immer dann sinnvoll und notwendig, wenn die o. g. multimodalen Basismaßnahmen für sich alleine nicht erfolgreich sind oder bereits schwere Folgeerkrankungen vorliegen.

3. Neben der Therapie von bereits betroffenen Patient:innen müssen auch verhältnispräventive Maßnahmen umgesetzt werden, damit die Adipositas-Epidemie langfristig gestoppt werden kann. Hierzu zählt die Neugestaltung der Lebensmittelbesteuerung („gesunde Mehrwertsteuer“), die Einschränkung von Werbung für bestimmte Produktkategorien („ungesunde Lebensmittel“ wie zum Beispiel Süßgetränke) an Kinder und Jugendliche, verbindliche Empfehlungen zur Einschränkung des Konsums von Süßgetränken, der Ausbau von Sportangeboten (mit verpflichtenden regelmäßigen Schulsport (1h pro Tag)) sowie der Ausbau bzw. die Nutzung von Digitalisierungsangeboten bei der Ernährungsschulung.

Wir müssen Übergewicht und Adipositas als relevante gesundheits-, sozial- und gesellschaftspolitische Herausforderung anerkennen und die Bekämpfung der Adipositas zu einem zentralen Anliegen machen. Nur eine zeitnahe, umfassende Umsetzung der obigen Maßnahmen wird die dringend notwendigen Voraussetzungen schaffen, um der Adipositas als Erkrankung mit Erfolg zu begegnen.

Adipositas: Versorgung von Kindern im Blick

Adipositas ist eine chronische Erkrankung mit zahlreichen gesundheitlichen und psychischen Folgen – auch bereits im Kindes- und Jugendalter. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) und die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) begrüßen daher den am 22. November vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) veröffentlichten Beschluss eines altersgerechten Disease-Management-Programms (DMP) für Kinder und Jugendliche mit Adipositas. Für Kinder und Jugendliche mit Adipositas soll es künftig ein speziell zugeschnitten Programm geben. Dieses DMP soll bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas das Risiko verringern, dass die Erkrankung und bereits bestehende Komorbiditäten bis ins Erwachsenenalter fortbestehen bzw. sich ausweiten. Hierfür sollen beispielsweise im Rahmen von zertifizierten Therapieprogrammen gemäß AGA/KgAS ungünstige Ernährungs- und Essgewohnheiten verändert oder die körperliche Aktivität im Alltag gesteigert werden, wobei entsprechende strukturierte und standardisierte Schulungen unterstützen sollen.

Bild von Michael Schwarzenberger auf Pixabay

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